Studieren mit Frühchen

Studieren mit Frühchen

Als ich damals von der Schwangerschaft zu unserem kleinen Kämpfer erfahren habe, befand ich mich gerade im 4. Semester meines Studiums. Mein Mann und ich waren uns sicher, dass ein Studium kein Hindernis ist und wir das bestimmt gut meistern werden. Wir wussten aber auch, dass harte und anstrengende Zeiten auf uns zukommen. Dass unser Sohnemann schon früher das Licht der Welt erblicken wollte und alles etwas anders verlaufen ist als geplant, das wussten wir nicht. Jedoch bin ich mir ziemlich sicher, dass es auch gut so ist nicht alles im Vorhinein zu wissen. Trotzdem ist Studieren mit Frühchen möglich und ich möchte allen Eltern in diesem Blog-Beitrag die Angst nehmen. Egal ob ihr studiert oder schon früher wieder in die Berufswelt einsteigen möchtet – es ist machbar!

Zu unserer Situation 

Ich habe mein Studium fortgesetzt als Dominik 7 Monate alt war. Damals war es aufgrund der Covid-Situation und Distance Learning noch etwas einfacher zu organisieren. Ich war immer zu Hause und Dominik konnte sich lange Zeit alleine beschäftigen. Er war ein unkompliziertes und braves Kind und neben meinen Vorlesungen schaffte ich es gut ihn zu beschäftigen. Oft hatten wir Babysitter im Haus, manchmal auch nicht. Gelernt habe ich abends oder nachts, meine Arbeiten habe ich geschrieben, wenn Dominik geschlafen hat. Natürlich war diese Art zu studieren oft anstrengend, aber ich wusste was auf mich zukommt und habe deshalb darüber gar nie nachgedacht. Ich bin sehr gerne Studentin und sah die Arbeitsstunden eher als Mama-Zeit an.

Jetzt ist Dominik älter, mein Studium beginnt nach der Sommerpause wieder und er wird dann 13 Monate alt sein. Auch die Distance Learning Situation hat sich wieder zum Präsenzunterricht verändert. Mein Mann und ich wussten, dass wir eine Betreuung für unseren kleinen Kämpfer brauchten. In der Krabbelstube hatte Dominik leider aufgrund des erhöhten Bedarfs keinen Platz mehr bekommen und wir haben uns für eine Tagesmutter entschieden. Natürlich war es nicht leicht eine zu finden, da ich weder Tage noch die Uhrzeiten wusste, wann ich studiere. Meinen Stundenplan habe ich erst zwei Wochen vor Studiumsstart erhalten, wie es auf Universitäten eben so üblich ist. Wir wurden aber schließlich fündig und haben nun die perfekte Tagesmutter für unseren Dominik.

Der Ablauf mit Tagesmutter

Ich durfte sie zuerst selbst kennen lernen, wir sprachen lange und ausführlich. Mir wurde alles erklärt was ich wissen musste und bekam eine Hausführung. Ich fühlte mich sofort wohl und wusste schnell, dass ich Dominik ruhigen Gewissens zu ihr bringen kann. Zwei Wochen vor Studiumstart haben wir mit der sanften Eingewöhnung gestartet. Das heißt, dass ich Dominik zur Tagesmutter begleiten durfte. Er spielte mit ihr und ich war zwar da, aber nur passiv anwesend, indem ich mich anderen Dingen gewidmet habe (meist habe ich gelesen). So wusste er, dass ich da bin aber jetzt nicht seine Spielgefährtin. Als Dominik sich etwas an die Situation gewöhnt hat und Vertrauen fasste, habe ich den Raum verlassen und die Zeit wurde immer länger. Er hat sich wirklich super gemeistert und ich war irrsinnig stolz und auch sehr erleichtert.

Abschiedstränen gehören dazu

Allerdings muss ich eines ehrlich gestehen: sobald ich mich von ihm verabschiedet habe, hat er schrecklich geweint. Es war fürchterlich für mich ihn so zu hören. Er wurde ab der Eingewöhnung noch anhänglicher als zuvor, er hat gespürt, dass eine Veränderung naht. Auch wenn es mir nach wie vor das Herz zerreißt ein weinendes Baby zurück zu lassen – Tränen beim Abschied sind völlig normal. Solange ihn die Tagesmutter bzw. Betreuungsperson beruhigen kann ist alles gut. Er muss Vertrauen haben und wissen, dass er gut aufgehoben ist. Man erkennt dieses Vertrauen daran, dass er Nähe zur Kontaktperson aufbaut, dass er sein Weinen einstellt und zu spielen oder lachen beginnt. Alarmzeichen wären, dass er sich absolut nicht beruhigen lässt oder sich in einer ungewöhnlichen Weise zurückzieht. 

Das war bei Dominik nicht der Fall, die Tränen haben sich nach ein paar Minuten immer gelegt und die Tagesmutter schickte mir sehr oft Fotos und Nachrichten von meinem zufriedenen Kind. So konnte auch ich mich auf mein Studium oder meine Tätigkeiten konzentrieren, es war eine wichtige Beruhigung für mich.

Mein Gefühlschaos

Ich habe lange mit meinen Gefühlen gehadert, habe viel über unsere Situation nachgedacht und mich gefragt, ob ich Dominik mit der frühen Trennung das Herz breche. Ich liebe unsere starke Bindung und nach den Komplikationen seiner Geburt bin ich überglücklich, dass wir diese aufbauen konnten. Als Frühchen Mama hatte ich oft die Angst, dass er durch den Inkubator, oder dass das Stillen nicht geklappt hat, nicht so eine Nähe zu mir findet wie ich mir das gewünscht habe. Doch jetzt merke ich, dass unsere Bindung stärker ist als alles andere auf der Welt. 

Ich möchte deshalb allen Frühchen Mamas, die auch diese Angst haben, die Zuversicht geben – es kommt nicht darauf an ob euer Baby im Inkubator schläft, ob es nicht gestillt werden kann oder ihr zum Känguruhen zu schwach seid. Solange euer Baby eure Nähe spürt, wenn auch nur durch eure Stimme oder durch Händchenhalten, wird es eine Nähe und Bindung zu euch aufbauen. Nicht alles verläuft nach Plan, doch alles kommt so wie es kommt und ihr könnt stolz sein, solche Kämpfer geboren zu haben. Ihr seid Mama oder Papa und somit die wichtigsten Menschen im Leben eines Wunders. Meiner Meinung nach kommt es in Sachen Bindung auf sehr viel mehr Komponenten an als nur die körperliche Nähe in der ersten Zeit.

Habt keine Angst!

Deshalb: habt keine Angst davor, wieder in die Berufswelt einzusteigen. Euer kleiner Kämpfer kann auch von der neuen Situation sehr profitieren, gewinnt an Selbstständigkeit, stärkt seine soziale Kompetenz und ihr könnt die restliche gemeinsame Zeit noch intensiver nutzen. Wenn ihr glücklich seid, dann wird auch euer Baby glücklich sein und diese Trennung hat nichts mit eurer Bindung zu tun, denn die kann und wird euch keiner nehmen.

Ich bin für euch da!

Wenn ihr über eure Situation sprechen, euch austauschen oder Näheres wissen möchtet, dann könnt ihr mich sehr gerne kontaktieren. Gerne auch vertraulich als persönliche Nachricht. Es gibt immer Menschen die einen verstehen, der Austausch wird euch gut tun! Stay strong und alles Liebe, eure Lisa

 

Foto: Photo by Ben White on Unsplash

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