Erklärnot Frühcheneltern

Warum Frühcheneltern oft in Erklärnot geraten und wieso sie es nicht sollten

Wenn Dein Kind als Frühchen zur Welt kam, kennst du das Gefühl wahrscheinlich nur zu gut in „Erklärnot“ zu geraten. Es ist der Moment, in dem jemand deinem Kind beim Spielen zusieht, seine Fähigkeiten beurteilt und du plötzlich den Drang verspürst zu sagen: „Er/Sie war ein Frühchen.“ Warum fühlen wir Frühcheneltern uns so oft in dieser Erklärnot? Warum denken wir, dass wir uns rechtfertigen müssen, wenn unser Kind in irgendeiner Weise „hinterherhinkt“? 

Die Angst vor dem Urteil

Gesellschaftlich gesehen sind wir oft darauf fixiert, wie sich unsere Kinder im Vergleich zu anderen entwickeln. Sind sie „normal“? Sind sie „genug“? Als Frühchenmama oder -Papa weißt du, wie individuell die Entwicklung eines Kindes sein kann. Trotzdem ist die Angst vor dem Urteil anderer Menschen manchmal überwältigend. Doch was ist überhaupt normal, was ist die Norm und wer beurteilt das? Jedes Kind entwickelt sich individuell, egal ob Frühchen oder nicht.

Der Wunsch, verstanden zu werden

Vielleicht möchtest du, dass andere verstehen, was dein Kind durchgemacht hat. Die Geburt eines Frühchens ist ein emotionaler und oft traumatischer Weg. Es ist verständlich, dass du dir wünscht, dass andere den Kontext kennen, in dem dein Kind sich entwickelt. Dein Frühchen ist ein Kämpfer, und jede neue Fähigkeit ist ein Triumph. Es kann frustrierend sein, wenn andere diese Siege nicht in dem Licht sehen, in dem sie stehen. Du möchtest, dass sie wissen, wie besonders diese Entwicklung ist.

Warum Du Dich nicht erklären musst

Obwohl diese Gefühle verständlich sind, ist es wichtig zu erkennen, dass du dich nicht erklären musst. Hier sind einige Gründe:

1. Jedes Kind ist einzigartig

Egal ob Frühchen oder nicht, jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Die Tatsache, dass dein Kind ein Frühchen war, mag ein Teil seiner Geschichte sein, aber es definiert es nicht. 

2. Du bist niemandem rechenschaftspflichtig

Was andere denken oder sagen, ist letztendlich unwichtig. Du kennst dein Kind am besten. Du weißt, was es braucht, und du siehst die kleinen und großen Fortschritte, die es macht und wo seine Stärken liegen.

3. Die Stärke liegt in der Akzeptanz

Je mehr du die Einzigartigkeit deines Kindes akzeptierst, desto weniger wirst du das Bedürfnis verspüren, dich zu erklären. Dein Kind ist mehr als die Bezeichnung „Frühchen“. Es ist ein Individuum mit eigenen Fähigkeiten, Interessen und Stärken.

Fazit

Es ist normal, dass Frühcheneltern das Gefühl haben, sich erklären zu müssen. Aber erinnere dich daran, dass dein Kind nicht mit anderen verglichen werden muss, genauso wenig wie ein reif geborenes Kind. Es ist einzigartig und entwickelt sich in seinem eigenen Tempo und das ist absolut normal. Die Erklärnot zu überwinden, bedeutet nicht, die Tatsache zu leugnen, dass dein Kind ein Frühchen war. Es bedeutet, die Identität deines Kindes jenseits dieser Etikettierung zu erkennen und zu feiern. Du musst dich nicht erklären. Du musst nur lieben, unterstützen und an Dein Kind glauben, so wie es ist.

 

Foto von Xavier Mouton Photographie auf Unsplash

 

2 Gedanken zu „Warum Frühcheneltern oft in Erklärnot geraten und wieso sie es nicht sollten“

  1. Unser Sohn ist in SSW 24+6 geboren, also 15 Wochen zu früh. Er ist mittlerweile 3 Jahre alt und hat alles super aufgeholt. Wir haben riesiges Glück gehabt und hatten kaum Komplikationen. Darum habe ich sehr schnell aufgehört, vom korrigierten Alter zu sprechen und „ausgeblendet“, dass er zu früh geboren ist, damit wir ihn nicht in Watte packen und er sich frei entwickeln kann.
    Manche Dinge kann er besser, manche noch nicht so gut. Wie jedes Kind in diesem Alter.
    Einzelne Dinge, die er noch nicht kann, werden von einigen Freunden von uns grundsätzlich mit „naja, er ist ja ein Frühchen“ kommentiert. Dabei gibt es andere, ganz normal geborene Kinder, die das im gleichen Alter auch noch nicht können. Wie das eben so ist.
    Für mich fühlt sich das jedes Mal herabwürdigend an, auch wenn sie es vielleicht nicht so meinen.
    Fremde Menschen haben uns noch nie gefragt, ob er zu früh geboren ist. Weil man es einfach weder sieht noch in seiner Entwicklung bemerkt.
    Ich thematisiere fast nie, dass er zu früh geboren wurde.

    1. Hallo liebe Anne und erst einmal danke für deinen offenen und ehrlichen Kommentar. Deine Erfahrung und Gefühle, die du teilst, sind so wertvoll und geben vielen anderen Frühcheneltern das Gefühl, nicht allein zu sein. Ich kann so gut nachvollziehen, wie stolz du auf deinen kleinen Kämpfer und seine Fortschritte bist! Jedes Kind ist individuell, egal ob frühgeboren oder nicht, und hat seine eigenen Stärken und Dinge, an denen es noch arbeitet. Es ist so wichtig, das im Hinterkopf zu behalten, besonders wenn gut gemeinte Kommentare manchmal das Gegenteil bewirken und verletzend sein können. Es zeigt nur wieder, wie sensibel das Thema ist und wie sehr wir als Frühcheneltern auch immer wieder an unsere Grenzen stoßen, wenn es um das Verständnis und die Akzeptanz unserer Umgebung geht. Du machst das ganz wunderbar, indem du deinem Sohn die Freiheit gibst, sich in seinem eigenen Tempo zu entwickeln und die Tatsache seiner Frühgeburt nicht in den Vordergrund stellst. Ich wünsche dir und deiner Familie weiterhin alles Gute und schicke euch ganz liebe Grüße! Von Herzen, Lisa

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