Nehmt euch Zeit für euer Frühchen und lasst die Leute reden

Ich kann mich noch genau daran erinnern, kaum ist die Geburt vorbei sollten alle über die Geburt eures Sonnenscheins informiert werden. Jeder möchte wissen, wie es der neuen Familie geht. Vor allem, wenn die Geburt nicht wie geplant verläuft, das Baby einige Wochen zu früh da ist, sind alle besonders neugierig und gespannt auf Neuigkeiten. Verständlich, es ist ja auch nur gut gemeint, doch hat als Frühchen-Eltern für endlos lange Nachrichten oder Telefonate weder Zeit noch die nötige Energie. 

Nehmt euch alle Zeit die ihr braucht!

Schaut auf euch und euer kleines Wunder. Vor allem zu Beginn und bei Komplikationen oder ungeplanten Ereignissen bei der Geburt, braucht man unbedingt Zeit, alles zu verarbeiten. Die Leute können warten, sie werden noch früh genug erfahren was los ist, sobald es an der Zeit für euch ist. Eine Geburt ist eines der größten Ereignisse, Mutters Körper arbeitet auf Hochtouren und ist so stark wie noch nie zuvor. Die Hormone fangen wieder an verrückt zu spielen, Weinen liegt an der Tagesordnung und das ist völlig okay. Die ganzen Schläuche, Kabel und dieses winzige, schwache Baby im Inkubator – man ist so glücklich wie noch nie zuvor aber begleitet von den größten Sorgen. 

Vor allem beim ersten Baby hat man noch keine Ahnung, was es bedeutet Mama oder Papa zu sein. Von der ersten Sekunde an hatte ich Sorgen und Ängste, die man vorher noch niemals empfunden hat. Nur Eltern wissen, wie sich das anfühlt und bevor man nicht ein eigenes Baby hat, hat man keine Ahnung wie groß Sorgen sein können. Andererseits ist man so stark wie noch nie zuvor, ich habe plötzlich Kräfte entwickelt, von denen ich bis dahin gar nichts wusste. Ich bin im Nachhinein sehr stolz auf mich, denn ich finde, dass ich nicht stärker hätte sein können. 

So sieht die Welt heute aus

Heute stehe ich bin beiden Beinen unendlich fest im Leben. Die Geburt meines Sohnes war für mich der Punkt, an dem ich lernte, was dazu gehört um Mutter zu sein. Man ist stark, tut alles für sein Kind und würde ohne zu überlegen sein Leben dafür geben. Heute bin ich unglaublich dankbar für die medizinische Versorgung, für die Mittel und Hilfe, die es mittlerweile gibt, denn ich weiß, dass meine Geburt noch vor ein paar Jahren nicht so verlaufen wäre. Wahrscheinlich wären ich oder mein Sohn dann heute nicht hier. 

Ich bin den Schwestern und Ärzten so dankbar, für ihr Mitgefühl und ihre Ratschläge, die tröstenden Worte und Aufmunterungsversuche. Auf einer Geburtenstation zu arbeiten ist nämlich bestimmt ein wunderschöner Beruf. Dabei zu sein wenn neues Leben beginnt und die Eltern und Babys in die neue Welt begleiten zu dürfen. Doch wenn etwas nicht nach Plan verläuft, dann müssen die Schwestern ebenso da sein. Die Worte finden, die man als Mama auf der Neonatologie hören möchte, immer wieder zu motivieren und einfach da zu sein – Hut ab also, vor allen Mitarbeitern der Geburtenstationen und danke für eure tolle Arbeit!

Lasst die Leute reden!

Gut gemeinte Ratschläge, Aufmunterungsversuche und tröstende Worte sind ja grundsätzlich lieb gemeint. Natürlich kann man von anderen Eltern viel lernen und es ist gut, sich ab und an Tipps zu holen, aber man sollte sich nichts einreden lassen. Ihr seid jetzt Eltern und wisst am besten, was gut für euer Baby ist. Wenn ihr euch nicht wohl fühlt, wenn euch etwas eingeredet wird, das ihr nicht als richtig empfindet, dann steht dazu und vertretet eure Meinung. Ihr glaubt gar nicht wie leicht das plötzlich fällt, wenn man eine komplizierte Frühchen-Geburt erlebt hat. Aufgaben, die einem früher schwer gefallen sind, sind auf einmal ein Klacks und so fällt es auch leichter, einfach mal „Nein“ zu sagen. 

Ihr müsst auch nicht jedem eure Geschichte erzählen, ihr müsst nicht jedem zurück schreiben oder zurück rufen. Die Zeit wird kommen, wo ihr bereit seid, darüber zu reden. Auch bei mir war es so – drei Wochen war ich mit meinem Frühchen im Krankenhaus und ich wollte zu dieser Zeit nur mit wenigen Leuten über meine Erlebnisse und Gefühle sprechen. Abgesehen davon, kann der Frühchen-Mama-Alltag im Krankenhaus extrem stressig sein. Wenn dann mal etwas Zeit ist, dann nutzt man sie um zu essen, zu duschen oder 10 Minuten Schlaf nachzuholen. 

Du musst fit sein, du brauchst deine Energie um für deinen Schatz da zu sein. Lass dir deine Energie nicht nehmen, indem du versuchst, es anderen Recht zu machen. Die Zeit wird kommen, da seid ihr froh mit anderen darüber reden zu können und dann wird euch der Austausch auch gut tun. 

 

Foto: Photo by Aron Visuals on Unsplash

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